Der Triebwagen 20/58 und seine Varianten. Tipps zur Restaurierung.


Der Trix Express Triebwagen 20/58 kam ab 1937 und wurde wie die Pazifik 20/57 und 20/59 als besonders detailgetreue Nachbildungen des Originals beworben. Verglichen mit dem spielzeughaften Aussehen der ersten 0-4-0 Loks war die Einführung dieser ersten echten Modelle ein großer Schritt in der Entwicklung von Spur 00 Modelleisenbahnen. Ohne Zweifel ist der 20/58 einer der schönsten Triebwagen, der je in der kleinen Spurweite gebaut wurde. Wenn er auf Vorführungen seine Runden dreht, dann ist ihm die volle Aufmerksamkeit des Publikums sicher. Liegt es an den gelungenen Proportionen des Modells, an der Geräuschentwicklung im Fahrbetrieb oder an der wirkungsvollen Beleuchtung in Rot und Weiß mit Lichtwechsel bei Änderung der Fahrtrichtung? Er ist in voller Fahrt ein echtes Erlebnis und im Dunkeln auf einer entsprechend beleuchteten Anlage mit Blechbahnhof und alten Lampen fast nicht zu überbieten. Zusammen mit einem ebenfalls voll beleuchteten ST800 von Märklin in Parallelfahrt vielleicht sogar das Maximum von dem, was ein Fahrer historischer Spur 00 seinen Zuschauern bieten kann.

Die Varianten

Der 20/58 existiert in einer ganzen Reihe von Varianten, die in der Literatur bisher nicht ausreichend dokumentiert wurden. Daher hier eine genaue Beschreibung:

Version 1 ab 1937 hat kurze, silberne Puffer, dicke Gußkupplung, an Zugmaschine und Anhänger Reichsadler in der Mitte zwischen den Fensteröffnungen, Drehgestelle noch mit angegossener Nase an beiden Seiten, 3mm dicke Achsen, Räder auf Kunststoffbuchsen, die leicht abzuziehen sind. Kabel zwischen Zugmaschine und Anhänger sind beim Anhänger durch ein Loch geführt und ein zweipoliger Stecker wird in die Zugmaschine eingesteckt. Im Inneren arbeitet der alte 4-Stern Umschalter. Umgekehrte Lichtfarben, also 2 rote und 1 weiße Glühbirne vorne und hinten am Zugverband. Gesuchteste Version.

Version 2 ab 1938, wie Version 1, jedoch jetzt Nasen der Drehgestelle aus Blech zum Anschrauben, Kabel verbindet jetzt über zwei Doppelstecker beide Wagen. Neuers, vielzahniges Umschaltrad mit Übersetzung, jedoch noch ohne den Blechstreifen, der das Zurückfallen des Schaltarms unterstützt. Eine rote und zwei weiße Glühbirnen am Zugende.

Version 3 ab 1939, wie Version 2, jedoch jetzt schlanke silberne Puffer und die neue Kupplung mit Nase nach unten, geeignet für Fernentkupplung per Gleisstück. Alle Vorkriegsversionen im graubraunen Karton, meistens mit dem Etikett von 1937.

Version 4 ab Beginn der Produktion nach dem Krieg, vermutlich ab 1948. Hier wurden oft noch Teile der Vorkriegsproduktion mit verwendet. Daher kommen diese Modelle oft noch mit Gehäusen mit Reichsadler an der Zugmaschine und ohne Adler am antriebslosen Teil. Schlanke Puffer. Neue Kupplungsform mit Nase zum Fernentkuppeln per Gleisstück. Teils findet man Drehgestelle der alten Bauart mit dicken Achsen, manchmal sogar dicke und dünne 2,5mm Achsen gemischt. Vermutlich wurden diese noch im graubraunen Vorkriegskarton mit der Markierung von 1937 verkauft. Der Karton stammt offensichtlich aus einer Kartoncharge großer Stückzahl. Zumindest das Etikett von 1937 muß noch eine zeitlang nach dem Krieg verwendet worden sein. Diese Beobachtung beruht auf eigenen Funden unveränderter Stücke auf Dachböden, wo man eine Manipulierung ausschließen kann. Stiftet oft Verwirrung bei der Altersbestimmung. Zusätzlich sind Reparaturaustauschmodelle denkbar, die nach den Krieg im Werk als Ersatz für teils defekte Vorkriegs-Wagen versandt wurden. Daher können ebenfalls Vermischungen kommen.

Version 5 lässt sich nicht genau datieren, wohl fließender Übergang, löste die 3 ab, nachdem ausschließlich Teile aus der Nachkriegsproduktion verbaut wurden. Beide Wagen jetzt ohne Adler, alle Drehgestelle mit Blechnasen, nur noch Verwendung der 2,5mm dünnen Achsen, alle Räder auf Messingbuchsen, die sich kaum abziehen lassen. Roter Nachkriegskarton.

Version 6 ist der sogenannte Diesel Flyer, der nach dem Krieg 1951 bis um 1953 nach England exportiert wurde. Roter Karton mit der Aufschrift "Diesel Flier", also in falscher Schreibweise. Kein Adler, keine Kupplung an den Fahrzeugenden, da diese mit der englischen nachkriegs-Peco Kupplung ohnehin nicht kompatibel war.

Version 7 ist das letzte Produktionslos 1953 vor Umstellung auf Gleichstrom. Das Dach beider Wagen ist jetzt nicht mehr silber, sondern grau. Sehr seltene Version. Den gab es auch als Diesel-Flyer für England, erkennbar an den fehlenden äußeren Kupplungen und der englisch bedruckten Originalbox.

Danach erschien von 1953 - 56 der TE 758 als deutlich veränderte Variante mit Umbau-Permamotor. Rotes Gehäuse in Form des Vorgängers, verändertes stromlinienförmigeres Fahrwerk, vernickelte Räder die nicht mehr zur Gußpest neigen, Haftreifen, Dachaufbau bei der Zugmaschine und Dachlüfter, die gerne verloren gehen. Kein Kabel mehr, Lichtwechsel von Weiß auf Rot weniger spektakulär wegen der Lichtleitertechnik. Exzellentes Fahrverhalten mit deutlich besseren Zugeigenschaften.


oben: Die Kabeldurchführung der ersten Version des 20/58. Deutlich zu sehen ist das einzelne Loch am Anhänger und der Doppelstecker für die Zugmaschine. Das rot/blau ummantelte Kunststoffkabel ist nicht original. Das originale Kabel ist braun und hat eine Stoffummantelung, ist jedoch nach all den Jahren oft defekt und heute als Nachbauteil leider nicht mehr erhältlich.

oben: Version 4 im damals immer noch verwendeten Vorkriegs-Karton
unten: Version 4 vor dem Originalkarton

oben: Zugmaschine Version 4 mit Adler
unten: Anhänger Version 4, kein Adler

oben: Version 5 im roten Karton
unten: Version 5 mit Messingbuchsen. Deutlich sind die Auswirkungen der Gußpest an den Rädern zu erkennen. Oft müssen alle Räder ersetzt werden. Ich empfehle die Mazak-Räder der TTRCA. Diese haben das beste Laufverhalten und die beste Traktionswirkung.

oben: Drehgestell des Anhängers mit Schleifer. Die Stempel-Markierung "K1" bedeutet der K-te Monat im Jahr 1951. Somit wurde dieser im Oktober 1951 hergestellt.
unten: Version 6, der Diesel Flyer für England ohne Adler und Kupplungen an den Zugenden.

unten: Die Version 7 mit grauem Dach in der englischen Version mit und ohne die Originalbox in absolutem Topzustand. Selten zu finden. Danke an Garry Lefevre für die Bilder!

unten: Der Gleichstrom-Nachfolger TE 758 mit Umbau-Permamotor.


Restaurierung des 20/58

Die Aufarbeitung des 20/58 ist keine einfache Sache. Man sollte vorher genügend Erfahrung mit unkomplizierteren Modellen gemacht haben. Alle Nachbauteile können vor Einbau patiniert werden. Folgende Schäden sind häufig:

Räder wegen Gußpest zerfallen oder zumindest nur noch locker auf den Achsen
Reparatur: Da die ersten Versionen noch die Räder auf Plastikbuchsen hatten, ist im besten Fall nur der Kunststoff geschrumpft und das Rad an sich noch intakt. Dann reicht es, das Rad mit Sekundenkleber zu fixieren. Besonders ab Nachkriegsversion leiden die Räder aber oft unter Gußpest und sind gelegentlich ganz abgefallen. Dann hilft nur noch der Totalaustausch. Die Räder des 20/58 sind schmaler als die der einfachen 0-4-0 Loks und können nicht durch diese ersetzt werden, da sonst Kurzschluss am Drehgestell droht. Man braucht also unbedingt die schmalen Räder. Franz Nowack bietet diese als Nachguß an. Die in der Drehbank aufgezogenen Räder sind auch sehr exakt gearbeitet und rollen im Fahrbetrieb sauber ab. Ich empfehle jedoch in jedem Fall die englischen TTRCA Räder aus Mazak (auch über Franz Nowack erhältlich). Diese werden auch für die englischen 0-4-0 Loks verwendet und sie sind ausreichend schmal. Der angegossene Zahnkranz ist zwar nicht original beim 20/58 aber dies sieht man nur, wenn man das Modell von unten betrachtet. Er hatte eigentlich ein Zahnrad aus Blech, das auf der Innenseite der Antriebsräder befestigt war. Die Mazak-Räder sind sehr exakt und haben vor allem ausreichenden Griff auf den Schienen. Der 20/58 neigt ohnehin zum Schleudern, da er keine Haftreifen hat. Bei Verwendung der weichen Zinngußrädern rutschen die Antriebsachsen durch und der Triebwagen kommt schlecht voran. Also auf jeden Fall Mazak-Räder zumindest auf den beiden Antriebsachsen! Ich baue grundsätzlich nur noch Mazak-Räder ein, da ich den Wagen oft fahre. Für die Mazak Räder gibt es spezielle Buchsen, die man passend abfeilen muss. Sind die Räder auf Messingbuchsen (Nachkriegsversion), diese vorher aufschneiden und abziehen. Die Spurweite muss stimmen! Man kann sie durch Einsetzen der Plastik-O-Ringe auf die Achsen justieren. Die Achse darf kein zu großes Seitenspiel haben, sonst schleifen die Radscheiben an der Drehgestellblende und es gibt Kurzschluß, oder das Zahnrad des Antriebes rutscht seitlich weg und verliert den Kontakt zu den Rädern.

Drehgestelle zerfallen / gebrochen
Reparatur: Es kann die Blende oder das Gestell an sich von Gußpest befallen sein. Die Blende kann man evtl. kleben, das Gestell "wächst" oft und klemmt. Am besten dann Totalaustausch. Die frühe Version hat die Gußnase. Sind 2 Blechnasen angeschraubt, dann kann man die Gußnasen abfeilen und die Blechteile wieder einsetzten. Der Schleifer ist vom Gestell isoliert. Es darf kein Kontakt durch die Schleiferschraube oder das Innenteil zu den Achsen oder dem Drehgestell bestehen. Diese Art der Kurzschlüsse sind schwer zu lokalisieren. Notfalls dünne Plastikstreifen dazwischen legen. Bitte die Kabelverbindungen gut merken, ggf. Zeichnung machen. Man kann auch kleine Kunststoffschrauben einsetzten, um den Schleifer anzuschrauben, das ist eine sichere Lösung.

Bürstenbrücke zerfallen
Reparatur: Das Pertinaxteil mit den Haltebuchsen der Motorbürsten ausbauen. Neue Bürstenbrücke besorgen und patinieren. Man kann die normale Brücke der B-Loks verwenden, muß aber die Enden etwas abschrägen, da sonst das Gehäuse die Drehgestellbewegung in Kurven behindert. Ich setzte anstelle der Nieten dann M2-Schrauben ein und feile den Kopf platt. Sieht dann aus wie genietet, hält aber gut und verformt das weiche Material bei Einbau nicht zu sehr. Dazu vorher ein M2-Gewinde ins Nachbauteil schneiden. Pertinaxplatte einsetzen, ggf. mit Sekundenkleber zusätzlich einkleben, damit sie sich nicht biegt. Sie sollte plan anliegen, sonst nutzen sich die Motorbürsten ungleichmäßig ab, was zu erhöhtem Verschleis im Fahrbetrieb führt.

Motor fest oder ohne Kontakt
Reparatur: Alles ausbauen und reinigen, abschmieren, einbauen. Vorsicht, daß die dünnen Drähte am Rotor nicht beschädigt werden. Ist der Rotor schief gelagert, so können die Drähte durchs Fahren auch abgeschliffen sein. Alle Kabel auf Kontakt testen. Motorbürsten der Märklin 800er / 3000er Serie einbauen. Dazu gibt es auch die passende Bürstenfeder (Nowack oder Ritter). Den Motor überarbeite ich immer vor Aufziehen der neuen Räder, da man den Rotor so besser aus- oder einbauen kann.

Umschalter ohne Funktion
Reparatur: Der Umschalter sollte nicht geölt werden, da er sonst verklebt. Er muß locker zurückfallen. Die Umschalterwalze oder -welle darf nur an den Lagerstellen einen Tropfen Öl bekommen. Das Blechteil wird vom Elektromagnet des Umschalters angezogen und die Umschalterklinke dreht das Zahnrad eine Position weiter. Das Zahnrad kann abgenutzt sein oder zerfallen sein. Klinke ebenfalls manchmal brüchig. Die Teile gibt es auch als Nachbau oder altes Originalteil. Man muß oft lange Justieren bis diese Mechanik sauber arbeitet. Die Feder oben am Umschalter unterstützt das Zurückfallen der Klinke und fehlt bei den ganz frühen Wechselstrommaschinen. Der 20/58 ist mir zumindest ab Version 2 nicht mit dem alten 4-Stern bekannt, es sollte also nur das spätere Zahnrad mit Übersetzung eingebaut sein. Bei Version 1 bin ich mir nicht sicher.

Probleme mit der Elektrik / Kurzschlüsse
Wollen wir wetten: Die "Kurzen" stecken im Drehgestell. Da hat irgendeine Achse oder ein Rad Kontakt, den es nicht haben soll. Den Schleifer untersuchen. Hat die Schraube Kurzschluß? Hat der Blechstreifen (der innen im Drehgestell unter den Achsen) Kontakt mit den Achsen, weil er nach oben gebogen ist? Ist das Verbindungskabel zum Beiwagen ok?

zerkratztes Dach
Laschen vorsichtig nicht ganz umbiegen, abheben, lackieren, bei der Vorkriegsvariante mit Schellack überziehen (wegen der Patina). Spezielisten sprühen auf den noch nassen silbernen Grundlack eine Goldschicht. Die original Dächer des 20/58 wirken golden durch das Altern des Schellackes.

gerissene Cellonscheiben
Aus Plastikhüllen Neue schneiden.

oben: Typische Szene am Bastlertisch. Weihnachten 2001 hatte ich 3 Modelle des 20/58 zur Restaurierung. Ein absoluter Zufall, denn so oft findet man sie eigentlich nicht mehr. Der vordere Triebwagen ist die Version 2 der Vorkriegsausführung.
unten: Der Umschalter mit Bezeichnung der Kabel. Beeindruckend, wie aufwendig das Model wegen des Lichtwechsels konstruiert war.